Geschichte

Drei Generationen Tierarzt Hermann


Altes Apothekengebäude am Marktplatz, Dachsbach

Die Ausübung der Tierheilkunde lag früher in Dachsbach, wie auch anderswo, in den Händen von Schäfern, Schmieden und Abdeckern, überhaupt Leuten, die beruflichen Umgang mit Tieren hatten. Erst seit Anfang des 19. Jahrhunderts ist die Tiermedizin Gegenstand wissenschaftlicher Studien. Seither zog man hier zur Untersuchung des Viehbestandes die studierten Tierärzte von Neustadt und Höchstadt zu Rate. So beweisen die Gemeinderatsprotokolle der Jahre 1823 und 1833 die Tätigkeit der Tierärzte Klein und Knörr aus Neustadt in Dachsbach.

Im Ort selbst ließ sich als erster im Jahr 1900 der Tierarzt Rudolf Lechle nieder. Er nahm seine Wohnung in der Dachsbacher Apotheke. Sehr einträglich war das Gewerbe wohl nicht, denn seinem Nachfolger Körber (1901) mußten schon 200 Mark aus der Gemeindekasse auf die Hand versprochen werden, damit er überhaupt bereit war, hier eine Praxis zu eröffnen. Als man für das 2. Jahr den Zuschuß auf 100 Mark kürzte, suchte er sich bessere Pfründe. Weitere Bemühungen der Gemeinde blieben erfolglos. Für diese bescheidene Summe war anscheinend niemand bereit, sich den Mühen einer Landpraxis zu unterziehen. So erhöhte der Gemeinderat den Zuschuß wieder auf 200 Mark pro Jahr und schrieb die Stelle erneut aus.

Darauf hin meldete sich der Tierarzt Kreuzer und trat am 23.09.1902 seine Tätigkeit an. Auch sein Bleiben war nicht von langer Dauer. Das Einzugsgebiet war doch sehr groß und die Betreuung zu Fuß sehr mühsam. So war man bald wieder auf die Fachleute aus Neustadt und Höchstadt angewiesen.

Der erste, der es länger aushielt, war Dr. Oskar Schiller. Er wohnte am Oberen Dorfplatz 8. Nicht einmal ein Pferd besaß er, mußte also die Bauern zu Fuß aufsuchen. Dazu packte er das Nötigste in den Rucksack und ging alle Landwirte ab. Später konnte er sich ein Motorrad leisten, doch ein großer Fahrer vor dem Herrn schien er nicht gewesen zu sein. Berühmt ist noch heute sein Ausspruch im Wirtshaus: „Da komme ich von Uehlfeld her mit dem Motorrad, überholt mich doch ein Radfahrer, obwohl ich eine hohe Geschwindigkeit hatte.“

Auf ihn folgte Tierarzt Hausmann. Während des Dritten Reiches wurde er wegen seiner Veranlagung verfolgt, am 27.02.1935 verhaftet und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. 1947 verunglückte er mit dem Auto tödlich.

1935 kam Tierarzt Hans Hermann. 1907 als erstes von drei Kindern eines Reichsbahn-Obersekretärs in Bellenberg bei Illertissen geboren, studierte er von 1927 – 1933 Tiermedizin an der Universität München.

In Dachsbach wohnte er am Oberen Dorfplatz 8. Auch er fuhr zunächst mit einem Motorrad von Bauernhof zu Bauernhof, konnte sich jedoch bereits 1937 seinen ersten Praxiswagen leisten. In Folge des 2. Weltkrieges mußte er allerdings in den Jahren 1945 – 1947 die Arbeit per Fahrrad und Kutsche erledigen. In den 50er Jahren errichtete er sich als einer der ersten in der Siedlung am Gartenhäuser Weg 13 ein schönes Anwesen.

Hans Hermann bekleidete manche Ehrenämter, war Gemeinderat, Mitglied des Kreistags (1955 bis in die 70er Jahre) und berufsbedingt sogar Objekt der Literatur.



Vestenbergsgreuth

Sein Sohn Hans Hermann ( geb. 19.06.1935), ebenfalls Tiermediziner, beendete sein Studium in München 1960 und stieg nach einer Praktikantenzeit in Cadolzburg in die väterliche Praxis ein. Er hatte seinen Wohnsitz in Vestenbergsgreuth.

1975 wurde zum ersten Mal zur Verstärkung ein Tierarzt als Assistent eingestellt. Herr Nicolic stammte aus dem damaligen Jugoslawien und ist nicht zuletzt wegen seines Lebenstiles immer noch bei vielen Bauern im Aischgrund bekannt. (Samstagabend anläßlich einer Geburtshilfe im Kuhstall: “Bringen Sie bitte ganz schnell warme Wasser, Seife und Handtuch – ich muß heut` nämlich noch ins Disco – Konkurrenz schläft nicht!”)

Nach dem Tod von Hans Hermann senior am 04.07.1983 wurde die Praxis von Hans Hermann junior und einem immer wieder wechselnden Assistenten weitergeführt. Die Verwaltung wurde innerhalb der Familie erledigt.

Westring

Im November 1988 erhielt Johannes Hermann – ältester Sohn von Hans Hermann junior – seine Approbation als Tierarzt und arbeitete zunächst einige Jahre mit seinem Vater zusammen, promovierte 1990 und übernahm dann die Praxis.

Ebenfalls 1990 begann Claudia Hermann (geb. 15.05.1963; gebürtige Kaltenthaler aus München) mit der Behandlung von Kleintieren. Daraufhin wurde es in der gemeinsamen Wohnung in Gerhardshofen in der Veit-von-Berg-Straße 6 schnell zu eng. Anfang 1993 wurde dann in Dachsbach im Westring 21 + 23 der Praxisbetrieb im neugebauten Anwesen aufgenommen. Die Kleintierpraxis wurde 2007 ausgegliedert und wird seither von Claudia Hermann separat betrieben.

Station

2012 wurde im Traishöchstädter Weg 4 – 6 in Dachsbach eine Großtierbehandlungsstation fertig gestellt. Hier können Tiere für Behandlungen und Operationen stationär aufgenommen werden.

Heute ist die Praxis Dr. Hermann eine mit modernen Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten ausgestattete Großtierpraxis mit acht in Voll- und Teilzeit beschäftigten Tierärztinnnen und Tierärzten, sowie Büro- und Verwaltungsangestellten, Tierpflegern und einem Hausmeister.


Was wohl die vor 1800 mit der Tierheilkunde beschäftigten Schäfer, Schmiede, Abdecker und auch der Praxisgründer Hans Hermann sen. zu dieser Entwicklung gesagt hätten. Zumindest letzterer wäre vermutlich geplatzt vor Stolz. Er hat auch im Alter von über 70 Jahren noch als Großtierarzt gearbeitet, er hat seinen Beruf geliebt…


Vielen Dank an Herrn Apotheker Helmut Meier für die Bereitstellung von Auszügen aus „Geschichte der Adler-Apotheke Dachsbach“.



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